Story: Mal-soon (Nah Moon-hee) ist 74 Jahre alt und hatte ein schweres Leben. Ihr Ehemann ist gestorben, noch bevor sie ihren Sohn zur Welt
brachte und so musste sie ihn alleine großziehen. Obwohl sie sehr arm war, ist ihr Sohn Hyeon-Cheol (Seong Dong-il) heute Universitätsprofessor und ihr ganzer
Stolz. Sie verpasst auch keine Gelegenheit dies jedem zu erzählen. Mit ihrer direkten und angriffslustigen Art ist sie jedoch für ihre Schwiegertochter ein
Problem, die deshalb letztlich sogar unter Herzbeschwerden leidet. Als sie sogar ins Krankenhaus muss, berät die Familie, ob man Mal-soon nicht vorübergehend in
ein Pflegeheim geben sollte, bis die Frau Hyeon-Cheols wieder gesund ist. Mal-soon hört das Gespräch zufällig mit an und beschließt, ein Foto für ihre Beerdigung
zu machen, da ihr langsam dämmert, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Sie geht in ein Fotostudio und der Fotograf verspricht ihr, sie fünfzig Jahren
jünger zu machen. Als sie das Studio verlässt, muss sie feststellen, dass der Fotograf dies wörtlich gemeint hat. Die nun 24-Jährige (Sim Eun-kyeong) weiß mit
ihrer neuen Jugend zunächst nichts anzufangen. Doch sie nennt sich schließlich Doo-ri und erkennt ihre zweite Chance im Leben. Mit ihrem Enkel Ji-ha
(Jin Young), der über ihre wahre Identität im Unklaren ist, verfolgt sie nun eine Karriere als Musikerin.
Kritik: Die Prämisse des Films sollte einem bekannt vorkommen. Und um ehrlich zu sein, kann diese Art von leichtherziger Unterhaltung selten
erinnungswürdiges Kino darstellen. Auch "Miss Granny" will vornehmlich unterhalten, verschleiert jedoch nicht seine koreanische Identität zugunsten einer
großen Reichweite im Westen, sondern setzt diese gekonnt ein, um seinen sehr speziellen Humor in den Vordergrund zu rücken. Dieser hat seinen Ursprung darin,
dass wir eine äußerlich junge Frau all die Dinge sagen hören, die bei einer älteren Person kein Problem darstellen, von einer jungen Frau
jedoch amüsant bis schockierend klingen. Löblich ist, dass diese Schiene den ganzen Film über gefahren wird, der Humor aber keineswegs von seiner
Originalität verliert. Als Komödie ist der Streifen damit eindeutig gelungen.
Koreanische Omis (Halmonis) sind noch lauter und frecher als Ahjummas. Kreischend und schlagend fordern sie ein, was ihnen zusteht, oder auch einfach,
was sie wollen. Da großer Respekt vor dem Alter in Korea jedem Kind mit in die Wiege gelegt wird, wehrt sich kaum einer gegen die zuweilen peinlichen oder
sogar nervenden Ausfälle dieser Omis. Wie peinlich und extrovertiert diese Halmonis tatsächlich sein können, wird in "Miss Granny" auf grandiose Weise durch
den Kakao gezogen. Denn von einer Zwanzigjährigen die Dinge zu hören, die man von einer über 70-Jährigen notgedrungen erduldet, zeigt erst richtig, wie daneben
sich diese Omis eigentlich benehmen. Man sagt, im Alter wird man wieder zum Kind - und spricht damit eben auch wieder die Wahrheit frei heraus. Dass man damit
aber eben auch das Umfeld belästigt, wird in dieser Komödie ganz deutlich.
Motor des Films ist Sim Eun-kyeong ("Hansel and Gretel", "Sunny"), die mit ihrer Art zu sprechen
und ihrer Körpersprache keinen Zweifel daran lässt, dass sie eine alte Frau in einem jungen Körper ist. Sim leistet Beeindruckendes und selbst in den
Szenen, in denen ihr Schauspiel schlichtweg ungewollt lustig hätte wirken können, zeigt sie ein tolles Gespür für humoristisches Timing. Ihre laute Art
entspricht dabei interessanterweise dem veränderten Bild der Frau in Korea, die sich ab und zu auch etwas selbstbewusster zeigen darf und dafür von den
Männern sogar angeschmachtet wird. Selbstverständlich ist die Liebe für Mal-soon schon seit Jahren kein Thema mehr, außer vielleicht in den kitschigen TV-Dramas,
die sie wie jede Halmoni verschlingt, doch das ändert sich schließlich. Die große Frage bleibt dabei, wo der Film eigentlich hin will. Von Anfang an liegt
die Befürchtung in der Luft, dass "Miss Granny" neben trivialer Unterhaltung nichts abliefern können wird.
Es ist schwierig zu behaupten, dass der Film eine Botschaft hat. Trotzdem ist offensichtlich, dass Regisseur Hwang Dong-hyeok
("Silenced", "My Father") herausstellen will, wie die Generation der jetzigen Großmütter in ihren
jungen Jahren alles für ihre Kinder geopfert hat, damit diese heute ein gutes Leben haben können. Mal-soon bekommt jedoch eine zweite Chance und kann
ihr Leben endlich für sich leben. Dabei jagt sie ihrem Traum hinterher, Sängerin zu werden. Folglich erinnert "Miss Granny" dann auch an einen Musikstreifen.
Die Songs, die gespielt werden, sind dabei vor allem Klassiker oder solche, die an jene erinnern. Durch den Produzenten Seung-Woo wird bei dieser Gelegenheit
auch Kritik an den weichgespülten und geklont wirkenden Pop-Bands der heutigen Casting-Shows geübt. Umso irritierender ist dann der abschließende Song, der
eigentlich genau in diese Schublade der modernen 08/15-Hits passt.
Davon abgesehen ist die Musik zwar ein wichtiges Element, drängt sich aber nicht in den Vordergrund. Immer wieder droht sich die Komödie in Klischees des Genres zu verstricken, oft werden diese Momente aber gezielt genutzt, um ihnen Oh Doo-ri und ihr loses Mundwerk gegenüberzustellen. In diesen Szenen funktioniert der Film hervorragend. Leider gibt es aber auch ein paar aus einem Drama entrissene Tränen oder eine Rückblende-Collage. Positiv ist neben dem Humor aber auch, dass die verschiedenen Charaktere alle gut ausgearbeitet sind, sich aber klar Doo-ri und ihrer Geschichte unterordnen, sodass der Fokus stets ersichtlich bleibt. Etwas, womit moderne koreanische Filme in letzter Zeit Probleme haben. Irgendwie kommt es am Ende dann aber doch, wie es kommen musste. Vorhersehbar ist "Miss Granny" im Großen und Ganzen also durchaus, aber es sind die kleinen unerwarteten Reaktionen oder Sätze von Mal-soon/Doo-ri, die den Film und den Humor so speziell machen und stets ins Schwarze treffen.