Story: Ein Familienvater (Jo Jae-hyeon) betrügt seine Ehefrau (Lee Eun-woo) mit einer Ladenbesitzerin (Lee Eun-woo). Die Ehefrau findet dies
heraus und selbst der Sohn (Seo Yeong-joo) erwischt seinen Vater beim Fremdgehen. Völlig außer sich versucht die Ehefrau daraufhin ihren Mann zu kastrieren,
doch dieser wehrt sich. Daraufhin geht sie ins Zimmer des schlafenden Sohns und kastriert stattdessen diesen. Sie sorgt außerdem dafür, dass eine Operation,
um das abgetrennte Gliedmaß wieder anzunähen, unmöglich ist. Die Ehefrau verschwindet und der Vater geht zum Arzt, um sich kastrieren zu lassen und seinem
Sohn als Spender zu dienen. Er sucht im Internet nach Möglichkeiten, aber offensichtlich gibt es bei einer Operation noch keine guten Erfolgsaussichten.
Währenddessen besucht der Sohn die Ladenbesitzerin und baut eine Art Beziehung zu ihr auf. Schließlich wird sie von einigen Jugendlichen vergewaltigt und
auch der Sohn ist durch einige unglückliche Umstände gezwungen, an der Vergewaltigung teilzunehmen, obwohl er dazu gar nicht in der Lage ist. Der Vater hat
derweil durch Recherchen herausgefunden, dass man auch über Schmerz zum Orgasmus kommen kann...
Kritik: Koreas Provokateur par excellence ist wieder da: Kim Ki-duk. Wer geglaubt hat, dass Kim sich in seiner Exploration des Perversen nicht
mehr steigern kann, hat "Moebius" noch nicht gesehen. Jetzt ist dem Regisseur alles zuzutrauen. Der Film schlug so über die Stränge, dass er in Korea in keinem
Kino gezeigt werden durfte. Erst nachdem Kim zwei Mal an seinem Film herumgeschnitten hatte, bekam er grünes Licht. Moment, heißt das, der Film wäre eigentlich
noch schrecklicher anzusehen gewesen? Nun ja, hauptsächlich wurde eine inzestuöse Szene geschnitten, aber diese stellt nicht unbedingt das Schlimmste in dem
Film dar (jedoch, so scheint es, in den Augen koreanischer Zensoren durchaus). Da muss unweigerlich die Frage aufkommen, was denn schlimmer sein kann. Tja, wer
das unbedingt wissen will...
Gleich eine der ersten Szenen schockt, wie es nur Kim Ki-duk kann. Die Mutter kastriert ihr Kind und isst (!) das abgeschnittene Gliedmaß. Wem danach nicht
schlecht geworden ist, der darf sich auf Szenen der Vergewaltigung, des Sadismus, des Masochismus und des Inzest gefasst machen. Schon aus Kims
"The Isle" wissen wir, dass der Regisseur die körperliche Lust, den Geschlechtsakt mit Gewalt und Sadismus gleichsetzt. Aber
hier treibt er seine Ansicht exponentiell ins Extreme. Der Lustgewinn findet statt, indem sich Schmerz zugefügt wird. Das mag irgendwie sogar einleuchten,
wenn es keine andere Möglichkeit gibt, sich sexuell zu befriedigen. Und so mancher Mann (oder auch Frau) mag schon über den Punkt hinausgegangen sein, an dem
Sex nur angenehm ist und hat dennoch oder gerade darin Befriedigung gefunden. Aber Kim begeht einen großen Fehler.
Die Szenen, in denen sich Schmerz zugefügt werden sind nämlich äußerst repetitiv und irgendwann kann man es nicht mehr ertragen. Wenn man denn überhaupt
bis zu diesem Punkt jene schrecklichen Bilder der Verstümmelung aushalten kann. Irgendwann wird es schlichtweg ermüdend. Ein bisschen Inzest ist dagegen
eigentlich keine große Sache mehr. Letztlich führt Kim Ki-duk den Mensch vollkommen auf seine Triebe und auf das Tier in ihm zurück. Da ist es nur passend,
dass der Film, um das zu unterstreichen, komplett ohne Dialog auskommt, genauso wie schon "3-Iron". Immerhin ist Kim ein Meister darin,
seine Geschichten ohne ein Zeile Gesprochenes zu erzählen - einige Kritiker sind sogar der Meinung, dass die Dialoge in seinen Filmen eigentlich das
schlechteste an ihnen sind - und es gelingt ihm auch sehr gut, "Moebius" straff zu erzählen, abgesehen von den wiederholten Szenen des Sadomasochismus, und
auch Zeitsprünge gut zu integrieren.
Ein großes Minus ist der Humor. Man kann dieses Drama nicht zu jeder Zeit ernst nehmen und der Regisseur hat das auch gar nicht intendiert. Einige Lacher
bewegen sich auf einem merkwürdigen schmalen Grat zwischen abstrus und schwarzem Humor, doch das ganze Drumherum ist zu düster und abscheulich, um wirklich
lachen zu können. Bei Kim muss man davon ausgehen, dass er durch jene Lacher der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten will: "Schaut, das seid ihr!" Aber wie
ich es drehe und wende, ich fühle mich einfach nicht angesprochen und dabei bin ich durchaus bereit, in die Abgründe der menschlichen Psyche abzutauchen und
diese eventuell auch bei sich selbst zu suchen. "Moebius", und das trotz aller Provokation des Regisseurs, erreicht mich hier, im Gegensatz zu den meisten
anderen Werken Kims, einfach nicht.
Eigentlich kann man "Moebius" auch als Anknüpfung an "Pieta" verstehen, aber wo dieser in gewisser Hinsicht eine Katharsis bot, verwehrt uns ersterer diese. Oder stattdessen stochert er mit einem Messer noch weiter in der Wunde des Zuschauers. Ohne damit zu viel zu verraten: Soll der Mensch seinen sexuellen Trieb aufgeben, weil aus ihm nur Schlechtes erwächst und am besten noch in ein buddhistisches Kloster gehen, um wahren Frieden zu finden? Eine etwas platte Botschaft. Überdies finden sich in "Moebius" wieder etliche offensichtliche Anspielungen auf andere Werke Kims, der Golfschläger und zwei Liebende, die sich über die Schulter eines Dritten küssen ("3-Iron"), die kunstvoll gefertigte Pistole ("Arirang"), die Inzestszenen ("Pieta") usw. Die Darsteller mögen zwar außergewöhnliche Leistungen abgeben, Lee Eun-woo in einer Doppelrolle als Mutter und Geliebte sowie Jo Jae-hyeon aus Kims "Bad Guy", aber der Film taucht so tief in die Abgründe des Perversen (und bringt aus diesen leider nichts Wertvolles mit), dass er am Ende zu sehr abstößt und verworren abstrus, teilweise gar unglaubwürdig (selbst für Kims Verhältnisse) wird. Diese Gefahr ist bei Kim Ki-duk häufig gegeben, aber zumeist umschifft er sie gekonnt. Für den einen oder anderen mag "Moebius" das wieder schaffen, aber ich bin der Meinung, dass Provokation alleine - und diese Worte entstammen nicht unsinniger Prüderie - noch keinen guten Film ausmacht.