Story: In einem kleinen Ort sehen die Bewohner die hiesigen Atomkraftwerke mit gemischten Gefühlen, da sie zwar durch sie Arbeit haben, aber sich
auch der Gefahren bewusst sind. Kang Jae-hyuk (Kim Nam-gil) hat im Besonderen seinen Vater und Bruder bei einem Unfall in den Kraftwerken verloren. Dennoch
arbeitet er dort ebenso, weil er bei seinem Versuch auf eigenen Beinen zu stehen, pleite gegangen ist. Die Kraftwerke sind auch bereits über ihr Verfallsdatum
und einige Berichte wurden geschönt, damit diese weiter in Betrieb bleiben können. Daher kommt es schließlich unweigerlich zu einem Zwischenfall, bei dem es
zu einer großen Explosion kommt. Pyeong-seok (Jeong Jin-yeong) hat über die Gefahren bereits zuvor gewarnt und versucht nun verzweifelt eine Kernschmelze zu
verhindern. Mittlerweile sind auch die umliegenden Orte wegen der steigenden Radioaktivität evakuiert worden. Jae-hyuks Freundin Yeon-joo (Kim Joo-hyun) und
seine Mutter (Kim Yeong-ae) fliehen derweil vor der Radioaktivität, aber die tatsächliche Gefahr und die genaue Situation kennen sie nicht, weil die Berater
des Präsidenten die Medien im Dunkeln halten. Die Kernschmelze steht außerdem kurz bevor, weil die Feuerwehr keine Erlaubnis hat, Meerwasser zur Kühlung zu
verwenden. Schließlich würde das die Kosten einer Reaktorreparatur in die Höhe treiben...
Review: "Pandora" ist ein brandaktueller Katastrophenstreifen, der sich gekonnt mit den politischen Problemen eines Landes auseinandersetzt,
dessen Vetternwirtschaft und Inkompetenz in hohen Ämtern zuletzt auch durch die abgesetzte koreanische Präsidentin in die Medien geraten ist. Die Parallelen und
die Kritik, die in diesem Film gezeichnet werden, sind offensichtlich und der Mut, mit dem Regisseur Park Jeong-woo zum Teil das Thema angeht, ist bewundernswert.
Selbstverständlich ist vor allem auch die Fukushima-Katastrophe 2011 als Basis Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Dass japanische Filmemacher noch keine direkte
Verfilmung der Ereignisse für das Mainstream-Publikum umsetzen konnten, weil der Schock über die Geschehnisse noch zu tief sitzt, dürfte verständlich sein,
und so füllt Korea diese Lücke aus. Und nicht ohne triftigen Grund, denn Südkorea baut fleißig weiter Atomreaktoren, während die ganze Welt sie abbaut.
Es ist erschreckend zu hören, dass tatsächlich kein vernünftiger Notfallplan besteht, und die Hilflosigkeit der Regierungsbeamten macht fassunglos. Natürlich
soll zunächst das Volk im Unklaren über die wahren Ereignisse gelassen werden und dem Präsidenten werden wichtige Informationen vorenthalten. Selbst als sich
der Präsident seiner Marionettenfäden entledigt und selbst zur Tat schreiten will, scheint er kaum ernsthaft kompetenter. Immerhin kommt er aber etwas besser
weg, als es Parallelen zu Ex-Präsidentin Park Geun-hye zulassen dürften. Aber eigentlich steht im Fokus des Streifens doch ein ganz normaler Mann. Alles andere
als ein Held, sogar ein Verlierer und Taugenichts, der bei der erstbesten Gelegenheit das sinkende Schiff verlassen will. Natürlich wächst er im Laufe der
Geschichte als Person, aber bis dahin ist es ein langer Weg.
Ein langer Weg, doch fragt man sich, wann genau dieser beschritten werden soll. Denn nach gut 15-20 Minuten ist es bereits zur Katastrophe gekommen. Keine
Einleitung voller slapstickartiger Charaktere, wie wir es sonst gewohnt sind, bis dann zum Ende hin alles in einem dramatischen Finale kumuliert, sondern es
geht sofort zur Sache. Die Fronten sind geklärt, die Gefahren eines Reaktorunfalls realistisch dargelegt und dann ist es auch schon passiert. Da stellt sich
die Frage, worum es dann im Rest des Films, also den gut zwei verbleibenden Stunden, geht! Um die Eindämmung der Katastrophe natürlich. Immer wieder werden
dabei Parallelen zu Ereignisse der jüngeren Zeit gezogen. So erinnern die Feuerwehrmänner, die einfach nur herumstehen und auf Anweisungen warten, während die
Überlebenden der Explosion im Schutt selbst nach ihren Kollegen suchen, ganz klar auch an die (Nicht-)Vorgehensweise der Regierung beim
Sewol-Fährenunglück.
Der Rest des Films wird von Kim Nam-gil ("The Shameless") getragen, aber bei seinen Charakteren zeigt "Pandora" Schwächen.
Irgendwo versteckt sich hier eine eventuell vielschichtige Persönlichkeit, aber woraus genau der Held erwächst, der sich unweigerlich bei einem Film dieser Art
gegen Ende zeigen muss, bleibt fraglich. Kim Joo-hyun kann dagegen wie die restliche weibliche Besetzung kaum überzeugen und so sind die Szenen mit ihr und
der Mutter oft so drama- und klischeebeladen, dass es schon schmerzt. Jeong Jin-yeong ("Ode to My Father") ist immerhin
in einer ansehnlichen Nebenrolle zu sehen und Kim Myeong-min ("Spy") wäre mit seiner Darstellung des unfähigen Präsidenten sicherlich
auf der schwarzen Liste der koreanischen Ex-Präsidentin für Künstler gelandet. Die darstellerischen Leistungen bewegen sich insgesamt aber eher im Mittelfeld
oder darunter, spannend bleibt der Film dennoch.
Regisseur Park Jeong-woo hat bereits mit "Big Bang" und "Deranged" zwei überzeugende Filme abgeliefert und letzterer hat bereits als Katastrophenfilm vorgezeichnet, was wir in "Pandora" zu sehen bekommen. Ungeschönt zeigt uns der Regisseur die Konsequenzen radioaktiver Verstrahlung, das Thema des Todgeweihtseins kommt gut zum Tragen, aber trotz aller gelungener und mal subtiler, dann wiederum direkter Kritik an der koreanischen Regierung, bewegt sich Park am Ende auf bekanntes Terrain, als er in einem unendlich langen Tränenfest alle Fehler begeht, die man von koreanischen Filmen nur allzu oft sieht. Dass der Streifen mit seinen 135 Minuten zu lang ist, stellt bereits ein Problem dar, aber dass davon zehn Minuten auf billigstes Drama fallen, ist eine weitere Katastrophe - neben dem Reaktorunfall, versteht sich. Dafür muss es starke Abzüge geben. Das ist ungemein schade. Denn einige Szenen rausgeschnitten und etwas anders aneinandergefügt, hätte sich hier die Art von mutiger und intelligenter Kritik gezeigt, die "Pandora" zu einem ganz besonderen Katastrophenfilm gemacht hätte.