Story: Seung-hye (Kim Yoo-mi) zieht mit ihrem Mann Jae-hong (Jeong Woo), der gemeinsamen Tochter Min-ji (Park So-yeong) und Großvater
Myeong-sik (Son Byeong-ho) in ein neues Haus. Sie sind die perfekte liebenswerte Familie und stellen das vollkommene Gegenteil zu ihren Nachbarn, dem
Jungen Chang-soo (Oh Jae-moo) und dessen Vater (Park Byeong-eun) und seiner Mutter (Kang Eun-jin) sowie der Großmutter (Kang Do-eun) dar. Chang-soos Eltern
streiten sich ständig und der Junge muss dafür sorgen, dass sie aneinander zumindest vor den Nachbarn ab und zu gegenseitig den Respekt bezeugen, der
angemessen ist. Seung-hyes Bilderbuchfamilie besteht allerdings aus nordkoreanischen Spionen. Während sie im Autrag ihres Landes Morde begehen, sehen sie
sich verstärkt mit dem Lebenskonzept ihrer Nachbarn konfrontiert. Min-ji erweckt das Interesse Chang-soos und die Großmutter möchte mehr Zeit mit Myeong-sik
verbringen, der seiner Vorgesetzten Seung-hye verheimlicht, dass er schwer erkrankt ist. Als Seung-hye dann erfährt, dass Jae-hongs wahre Frau in Nordkorea
einen Fluchtversuch unternommen hat, beschließt sie mit ihren Kameraden auf eigene Faust jemanden zu töten, der dem Norden ein Dorn im Auge ist, um Punkte
bei ihren Vorgesetzten zu sammeln und Jae-hongs Frau zu retten. Dabei gerät das Leben der Agenten jedoch völlig aus den Fugen...
Kritik: "Red Family" dreht sich um das, was es bedeutet, eine Familie zu sein. Das beinhaltet nicht nur positive Aspekte, aber stellt man
eine gewöhnliche Familie mit all ihren Problemen einer falschen Familie voller nordkoreanischer Spione entgegen, wird schnell klar, welchen Wert selbst
die Personen für einen haben können, die man eventuell nicht so gut leiden kann. Dieser von Kim Ki-Duk geschriebene und produzierte Streifen geht emotional
tief und ist dabei überraschend unterhaltsam. Eigentlich sieht man dem Film gar nicht an, dass es sich um einen Art-House-Streifen handelt, auch wenn er
augenscheinlich kein großes Budget zur Verfügung hatte. Das liegt daran, dass es diesmal Dialoge am laufenden Band gibt und weniger Symbole, die im Stillen
in die Kamera gerückt werden, damit über diese reflektiert werden kann.
Die Dialoge stellen sowohl eine der Stärken als auch Schwächen des Drehbuchs dar. Kim Ki-Duk war noch nie ein außergewöhnlicher Dialogschreiber, was wohl
der Grund sein wird, warum er, sich dessen wohl bewusst, gerne seine Protagonisten schweigen lässt. In "Red Family" erweisen sich die diesmal zahlreichen
Dialoge daher zumeist als recht naiv. Interessanterweise verleiht das dem Thema des Films eine gewisse Reinheit, als würde man den Nord- und Südkorea-Konflikt
durch die Augen eines Kindes betrachten. Andererseits sorgt es aber auch dafür, dass man dem Film nicht die künstlerische Tiefe attestieren kann, die Kim Ki-Duks
andere Werk auszzeichnen, bei denen er auch Regie führte, wie z.B. "Pieta" oder "3-Iron". Dafür erweist sich
das Drama aber auf emotionaler Ebene als erstaunlich effektiv, was sich speziell im Ende zeigt.
Die Naivität des Films zeigt sich auch in einigen Szenen, wie jenen, in denen die Agenten sich zackig schreiend mit "Kamerad" ansprechen, was anscheinend
die Nachbarn nicht vernehmen können, während man den Streit der Nachbarn wiederum durch die dünnen Wände sehr gut hört. Oder jene Szene, in der beide
Familien beim Essen sitzen und sich über die Teilung des Landes unterhalten. Warum nordkoreanichen Spione, die selbstverständlich um jeden Preis ihre
Tarnung aufrecht erhalten müssen, dann plötzlich anfangen Nordkorea und seine Diktatur zu verteidigen, scheint gelinde gesagt etwas eigenartig. Das Niveau,
auf dem sich über die Landesteilung unterhalten wird, ist auch nicht sonderlich hoch, auch wenn ein paar interessante Argumente angeführt werden. Störend
ist, dass an dieser Stelle wenig subtil vorgegangen wird.
Hinsichtlich der Charaktere wird es einem anfangs nicht leicht gemacht, mit den Individuen zu sympathisieren. Das betrifft vor allem Seung-hye, gespielt
von Kim Yoo-mi ("Return"), die unwahrscheinlich kaltherzig wirkt, betrifft aber auch die anderen Agenten, die zum Teil auch durch
ihre Morde gnadenlos scheinen. Die einzelnen Schichten ihres Dilemmas, schließlich können sie sich keinem Befehl widersetzen, da ihre Familien
in der Heimat als Druckmittel eingesetzt werden, kommen jedoch nach und nach zum Vorschein und so können wir sie für ihr Drama, das ihr Leben darstellt, nur
bemitleiden. Son Byeong-ho ("I am a Dad") als Großvater und ältester Agent verleiht der Tragik besondere Tiefe. Jeder Agent zeigt
auf seine Weise einen neuen Aspekt des grausamen Lebens als nordkoreanischer Agent auf und so sind es tatsächlich die Charaktere, die dafür sorgen, dass
der Film durch und durch ein angenehmes Tempo aufweisen kann.
Ab und an gibt es auch ein paar Kämpfe, die zwar gut choreografiert sind, aber schlecht eingefangen wurden. Auch beim Schnitt gibt es ein paar Probleme, da vieles einfach zu grob aneinandergereiht wirkt. Das sollte aber nicht verwundern, da Kim Ki-Duk am Schnitt mitgewirkt hat und seine Werke ohnehin etwas Grobes auszeichnet, was durchaus auch einen besonderen Reiz ausübt. Regisseur Lee Joo-hyeong leistet in seinem Debüt solide Arbeit, schafft nichts Außergewöhnliches, aber entfernt sich visuell von Kims Art-House-Stil und macht den Film damit leichter einem größeren Publikum zugänglich. Ein paar humoristische Szenen oder auch Verbindungen zu Kims anderen Werken, wie das Lied "Arirang" oder der ebenfalls von Kim geschriebene "Poongsan", den zwei Agenten im Kino sehen, werden als Verfeinerung eingesetzt. Die nicht ganz so perfekte Familie wird zwar der Bilderbuch-Agentenfamilie zu karikativ entgegengestellt, aber alles in allem erweist sich "Red Family" auf emotionaler Ebene gegen Ende äußerst effektiv und verdient daher trotz genannter Mängel einen klaren Daumen nach oben.