Story: Seo-yeon (Park Shin-hye) besucht ihre Mutter (Kim Sung-ryung) im Krankenhaus. Diese hat einen Gehirntumor, der operiert werden muss, und sie selbst glaubt nicht, dass sie den Eingriff überleben wird. Seo-yeon ist darüber nicht glücklich, aber sie hat auch ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter, weil diese in ihrer Kindheit den Gasherd angelassen und aus dem Haus gegangen ist. Dabei kam Seo-yeons Vater ums Leben. Nun kehrt Seo-yeon zurück in das Haus ihrer Kindheit, wo sie immer wieder eigenartige Anrufe von einem Mädchen bekommt, das sich als Yeong-sook (Jun Jong-seo) vorstellt. Dieses wird von ihrer eigenen Mutter (Lee El) im Haus eingesperrt und muss fast jeden Tag schamanistische Rituale über sich ergehen lassen. Als Seo-yeon herausfindet, dass sich das Mädchen im gleichen Haus befindet, realisiert sie, dass die zwei durch zwanzig Jahre voneinander getrennt sind. Seo-yeon sieht eine Möglichkeit, ihren Vater in der Vergangenheit zu retten. Sie bittet Yeong-sook um Hilfe und diese schafft es tatsächlich, sich aus dem Haus zu schleichen und den Brand, bei dem der Vater umkam, zu verhindern. Seo-yeon ist wieder glücklich mit ihrer Familie vereint und auch ihre Mutter hat keinen Krebs mehr. Da findet Seo-yeon heraus, dass Yeong-sook auf den Tag genau vor zwanzig Jahren von ihrer Mutter bei einem Ritual getötet wurde. Jetzt ist es an ihr, das Mädchen in der Vergangenheit zu retten. Doch damit ändert sie weitaus mehr, als ihr zunächst bewusst ist und ihre neue Gegenwart wird zu einem wahren Alptraum...
Kritik: "The Call" ist ein Thriller, bei dem ich mich enorm zurücknehmen muss, um einigermaßen neutral urteilen zu können. Der Grund ist seine Quasi-Zeitreisethematik. Dass diese unweigerlich kaum etwas mit Wissenschaft bzw. Theorien von Zeitreisen gemein hat, sollte nicht verwundern. Kaum ein Science-Fiction-Film kann in dieser Hinsicht auch nur bei grober Betrachtung so etwas wie logische Zusammenhänge erkennen lassen. "The Call" ist besonders unlogisch, aber vieles davon scheint gewollt, um gewisse Regeln festzusetzen, die für die Handlung und einige nette Spielereien notwendig sind. Von diesen Mängeln abgesehen, die manchmal die Intelligenz des Zuschauers beleidigen, wenn er/sie sich schon mal mit Zeitreisen beschäftigt hat, zieht einen "The Call" mit seinem hohen Spannungsgehalt sofort in seinen Bann und dürfte einer der besten Horrorfilme der letzten Jahre aus Korea sein, auch wenn es sich eigentlich eher um einen Thriller mit Horrorelementen handelt.
Natürlich dürfte die Thematik des Films an den amerikanischen Film "Frequency" oder den koreanischen Romantikfilm "Il Mare" erinnern. Tatsächlich handelt es sich hier um ein sehr grobes Remake des britischen/puerto ricanischen Thrillers "The Caller". Mit seiner anfänglichen Thematik um schamanische Teufelsaustreibung werden aber auch Erinnerungen an "The Wailing" wachgerufen. In jedem Fall kann das Haus in "The Call" aber als heimlicher Star des Films betrachtet werden. Es verströmt mit seinem geheimen Folterkeller hinter einer Wand genau die Art von gruseliger Atmosphäre, die es braucht, um eine dichte Spannung zu erzeugen. Die Sets sind sehr schön gestaltet, gerade da das Haus durch Veränderungen in der Vergangenheit extreme Variationen durchläuft. Auf technischer Ebene hat Regisseur Lee Chung-hyun hier alles richtig gemacht. Es ist ebenfalls angenehm, dass keine unnötigen Schreckmomente eingesetzt werden. Denn letztlich handelt es sich hier um einen Thriller und keinen echten Horrorstreifen.
Die Spannung des Films ist auch deshalb zum Zerschneiden dicht gepackt, da wir nur eine kleine Anzahl an Personen im Fokus haben. Ein kleiner Mikrokosmos, der manchmal an ein Gefängnis erinnert. Damit ein Film auf der Chemie zwischen hauptsächlich nur zwei Personen basierend funktionieren kann, bedarf es natürlich guter Darsteller. Das schafft Park Shin-hye ("Alive"), die vor allen Dingen in den emotionalen Momenten punkten kann. Ihre Verzweiflung wirkt echt und nicht wie die typische Hysterie von Frauen in Horrorfilmen. Obwohl es leider während des Finales ein paar Momente gibt, in denen dennoch Genre-Klischees bedient werden. Jun Jong-seo ("Burning") ist eine kleine Überraschung, denn sie vermag es sehr gekonnt, uns anfangs im Zweifel darüber zu lassen, ob sie Täter oder Opfer ist. Schließlich mag es durchaus sein, dass sie vom Teufel besessen ist. Dann wiederum könnten die Misshandlungen durch ihre Stiefmutter sie psychisch ans Limit gebracht haben. Doch diesbezüglich werden wir sehr bald aufgeklärt.
Bei dieser Gelegenheit muss darauf hingewiesen werden, dass diese Kritik jegliche Form von Spoilern vermeidet. Dasselbe kann man aber leider nicht über die Inhaltsangabe bei Netflix sagen. Wer anfangs so viel wie möglich im Dunkeln tappen will, sollte also darauf verzichten, auch nur ein Wort dort zu lesen. Trotzdem darf man natürlich dankbar dafür sein, dass der Streamingdienst einen qualitativ so hochwertigen Thriller in sein Programm genommen hat. Denn ungeachtet der Zeitreiseparadoxa gibt es hier wenig Negatives zu sagen. Die Heldin der Geschichte befindet sich in einer ungewöhnlichen Situation und ihre Veränderungen der Vergangenheit haben tatsächlich auch vor ihren Augen Auswirkungen auf die Gegenwart. Das wird durch einige ziemlich beeindruckende visuelle Effekte eingefangen, wenn sich beispielsweise das Auto, in dem sie gerade fährt, um sie herum in Luft auflöst. Da versucht man gerne zu ignorieren, dass es völlig unsinnig ist, dass sich Seo-yeons Erinnerungen nicht ändern. Stattdessen muss sie sich jedes Mal in ihrer neuen Realität orientieren.
Es ist aber offensichtlich, dass die "Logik", die hinter der Prämisse steckt, nicht funktioniert hätte, wenn Seo-yeon sich an eine veränderte Vergangenheit erinnern könnte. Man sieht also irgendwann darüber hinweg, nur die letzte Szene des Films ergibt beim besten Willen überhaupt keinen Sinn. Bei den meisten Zuschauern wird sie wahrscheinlich deshalb sauer aufstoßen, weil sie etwas mutiger ist, als in anderen Filmen, dann wiederum ist es eigentlich auch ein typisches Ende für einen Horrorfilm. Es bleibt aber dabei, dass "The Call" enorm spannend ist, gute Darstellerinnen hat und mit einer schönen, zuweilen recht gruseligen Atmosphäre den richtigen Ton trifft. Eigentlich darf man von einem Thriller mit immer wieder eingearbeiteten Horrorelementen nicht mehr erwarten und so kann man "The Call" ohne schlechtes Gewissen nicht nur Fans des Genres empfehlen.