Story: Detective Chong (Aaron Kwok) untersucht einen Mordfall. Die Leiche des verschwundenen Mädchens Jiamei (Jessie Li) ist allerdings
nicht zu finden, lediglich eine große Menge Blut. Die Mutter (Elaine Kam) will den Tod der Tochter nicht wahrhaben, obwohl sie weiß, dass Jiamei Model werden
wollte und irgendwann ins falsche Milieu abgerutscht ist. Plötzlich taucht auf der Polizeistation Ting Tsz-Chung (Michael Ning) auf und gesteht den Mord an
Jiamei. Er berichtet im Detail, wie er die Leiche zerstückelt und die Toilette runtergespült hat. Den Kopf hat er im Hafen versenkt. Chong hat nun zwar
ein Geständnis, aber zumindest den Kopf will er finden, um den Fall abschließen zu können. Obwohl seine Vorgesetzte ihm Druck macht, endlich einen
Schlussstrich zu ziehen, ist der Detective nicht zufrieden. Er versteht nicht, was Jiamei dazu getrieben hat, als Escort-Dame zu arbeiten. Noch
fragwürdiger ist aber, warum sie nach Tings Aussage selbst hat sterben wollen. Um herauszufinden, ob Jiamei wirklich einen Todeswunsch hatte und was ihren
sowie Tings Charakter eigentlich ausmacht, gräbt Chong weiter in der Vergangenheit der beiden. Doch die Antworten, die er findet, werden ihm nicht gefallen...
Kritik: "Port of Call" schwemmt den Zuschauer mit seiner melancholischen Atmosphäre und der düsteren Schönheit seiner Bilder geradezu
hinfort aus einer schöngemalten Realität und zeigt uns das Drama von Individuen, die in einer Welt ohne Hoffnung gefangen sind. Mit anderen Worten: Der
Film trifft sicherlich nicht den Geschmack von jedem. Doch das Gewicht der Themen, die hier behandelt werden, steht außer Zweifel. Ein Kritikpunkt ist in dieser
Hinsicht aber, dass sich Regisseur Philip Yung dessen nur allzu bewusst ist und so der Film etwas leicht Selbstverliebtes bekommt. Das wird besonders
offensichtlich, da die Ermittlungsgeschichte zu oft in den Hintergrund rückt und das Tempo immer wieder abfällt. Im Großen und Ganzen stört das aber nicht, da
"Port of Call" ein charakterzentrierter Film ist, der tatsächlich auch mit einigen sehr interessanten Persönlichkeiten aufwarten kann.
Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit und Regisseur Philip Yung rückt die Geschehnisse in einen Kontext, dessen Hauptakzente das Verlorensein in einer
neuen Stadt sind sowie Träume und Hoffnungen, die letztlich am Boden zerschmettern. Schwerer Stoff und die enorm melancholische Atmosphäre unterstreicht
die Themen perfekt. Die großartigen Bilder machen zudem beinahe trunken und das dürfte auch nicht verwundern, denn Kameramann war Christopher
Doyle ("Chungking Express", "Last Life in the Universe"), der diesmal
überraschend düstere Bilder einfängt und mit einigen schönen Tricks arbeitet, speziell bei den etwas blutigeren Szenen. Infolgedessen verzaubert der Thriller
mit einer ungemein dichten und faszinierenden Atmosphäre, die den Film mit Leichtigkeit auch über die etwas langatmigeren Szenen hinwegträgt.
Narrativ springt der Film ständig zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her, was auch naheliegend ist, da neben der Ermittlung auch Jiameis Vergangenheit
in Rückblenden aufgeschlüsselt werden muss. Die Charaktere weisen viele Facetten auf und darstellerisch können Jessie Li und Michael Ning eine sehr gelungene
subtile Darstellung abliefern. Gerade Jiameis komplexer Schmerz und ihre Todessehnsucht erfordern von Jessie Li viel Feingefühl, die diese tatsächlich auch
beweist. Aber auch Aaron Kwok ("The Monkey King 2", "Cold War") überrascht. Als Ermittler mit
grauem Haar und einer nicht sehr schmeichelhaften Brille kann er einige ungewohnte Eigenheiten an den Tag legen. In den Nebenrollen überzeugen vor allem Patrick
Tam ("Ip Man 3"), der den düsteren Streifen ab und zu etwas auflockert, als auch Elaine Kam, die für die dramatischen Szenen
verantwortlich ist.
Wie düster "Port of Call" ist, zeigt sich in der gesamten Stimmung des Streifens und dem erdrückenden Drama, das sich um Jiamei entfaltet. Aber auf einer
anderen Ebene handelt es sich hier auch um einen knallharten Thriller. So gibt es einige blutige Szenen, die in all ihrer Grausamkeit gezeigt werden. Dabei
handelt es sich vor allem um eine Szene, in der die Leiche zerstückelt wird. Das ist nichts für zarte Gemüter, zeigt aber auch, dass der Regisseur keine
Kompromisse eingeht. Überdies vermag er es mit seiner Regie stets das Augenmerk auf die Charaktere zu legen. Das macht den Streifen eigentlich ganz klar zu einem
Drama und auch das Tempo spricht dafür. Dennoch werden ebenso Thrillerfreunde dank der dichten Atmosphäre ihre Freude an dem Film haben können. Nur sollte man
sich nicht allzu viel von der Ermittlungsgeschichte erhoffen. Hier sitzt man nämlich ziemlich bald auf dem Trockenen.
Problematisch ist hinsichtlich der Geschichte vor allem, dass eine klare Linie fehlt. Wo genau der Regisseur mit seinem Thriller-Drama hin will, ist nicht klar. Dass er eine Botschaft mit sozialkritischen Anklängen vermitteln will, ist dagegen von Anfang an offensichtlich. Genau das macht es auch etwas frustrierend, dem Film zu folgen. Verschlimmert wird das auch dadurch, dass die einzelnen Charaktere zwar alle etwas Raum für ihre persönlichen Lebensumstände bekommen, aber oft wirkt zumindest die Verknüpfung der einzelnen Elemente unausgegoren. Vielleicht hätte es dem Film auch nicht geschadet, wenn die einzelnen Teile etwas sinnvoller zusammengeschnitten worden wären. Mit seinen 120 Minuten ist die für diese Kritik herangezogene Director's Cut Version zwar eben die, welche der Regisseur bevorzugt, aber etwas mehr Feintuning wäre schön gewesen. Dennoch kann man bei der wunderbar düster-melancholischen Atmosphäre nicht anders, als die Leistungen des Regisseurs mit einem Daumen nach oben anzuerkennen.