Story: Jeong-soo (Ha Jeong-woo) ist auf dem Weg zum Geburtstag seiner Tochter. Als er durch einen Tunnel fährt, hört er ein eigenartiges
Geräusch und ehe er sich versieht, stürzt der Tunnel um ihn herum ein. Jeong-soo ist gefangen und kann sich nicht aus seinem Auto befreien. Allerdings
kann er mit seinem Handy einen Notruf absetzen. Als Feuerwehr-Einsatzleiter Dae-kyeong (Oh Dal-soo) am Tunnel ankommt, traut er seinen Augen nicht. Der
gesamte Berg hat nachgegeben und der Tunnel ist so gut wie vollkommen eingestürzt. Jeong-soo wird über sein Handy informiert, dass die Bergungsarbeiten
etwas länger dauern könnten. Der Verschüttete hat lediglich zwei Flaschen Wasser und einen Kuchen, die er über wahrscheinlich eine Woche verteilen muss.
So lange dauert es, bis er gerettet wird. Die Medien berichten fortan über nichts anderes mehr als den verschütteten Mann. Die Ehefrau Se-hyeon (Bae Doo-na)
beteiligt sich, soweit es ihr möglich ist, ebenso an den Bergungsarbeiten. Telefongespräche sind allerdings kaum mit ihrem Mann möglich, da dieser seinen Akku
für die nächsten Tage schonen muss. Plötzlich hört Jeong-soo dann eine Stimme und findet heraus, dass er nicht alleine in dem Tunnel eingeschlossen ist.
Zu allem Unglück erweisen sich die Rettungsarbeiten aber als zeitinsiver als zunächst vermutet...
Kritik: "Tunnel" macht das richtig, was andere Katastrophenfilme oft in den Sand setzen. Denn hier stehen tatsächlich die Charaktere im
Vordergrund und es geht eben nicht um ein wirres Effektgewitter, bei dem so viel Action und computeranimiertes Chaos wie möglich auf die Leinwand gebracht
werden soll. Dementsprechend vergehen die 126 Minuten wie im Flug und bieten gelungene Unterhaltung, gutes Drama und liebenswerte Charaktere. Dass dabei
auch mal oft die Grenzen der Glaubwürdigkeit übertreten werden, ist durchaus verschmerzbar, da "Tunnel" ansonsten seinen Fokus dort setzt, wo er liegen sollte:
bei seiner Geschichte. Da diese an sich aber sehr dünn ausfällt - schließlich versucht ein normalsterblicher Mann das Unmögliche, indem er sich gegen allerlei
Widrigkeiten stellt -, stehen die Individuen stärker im Scheinwerferlicht, sodass der Film einen auf emotionaler Ebene gefangen nehmen kann.
Während zu Beginn alles danach aussieht, als würde die Rettung Jeong-soos kein großes Problem darstellen, sodass man sich fast schon fragt, womit die über
zwei Stunden Film genau angefüllt sein sollen, gibt es immer mehr Probleme, bis zu dem Punkt, dass man unseren Helden nur noch bemitleiden kann. Wirkliche
Verzweiflung gibt es zunächst aber nicht, zumal Jeong-soo auch die Art von angenehmer Humor auszeichnet, die uns nicht daran glauben lässt, dass so jemand
tatsächlich sterben muss. Auch bei den Aufnahmen hat man sich etwas zurückgenommen und so wirkt vieles nicht ansatzweise so klaustophobisch, wie es eigentlich
müsste. Gegen Ende hin wird Jeong-soos Kampf ums Überleben aber selbstverständlich etwas verzweifelter und so fühlt man sich in den Szenen mit ihm tatsächlich
so, als wäre man etliche Meter unter der Erde völlig alleingelassen.
Zu Anfang verbindet Jeong-soo vor allem sein Handy mit der Außenwelt, aber natürlich hält das nicht ewig an. Seine Isolation wird stets immer deutlicher
spürbar und seine Lage immer verzweifelter. Das sollte bei dieser Art von Film keine ernsthafte Überraschung darstellen, es wird aber oft genug über
das Glaubwürdige hinausgegangen, sodass speziell gegen Ende alles ziemlich konstruiert wirkt, um noch etwas mehr Spannung zu erzeugen. Bis dahin hat man aber
zum einen schon den Helden der Geschichte liebgewonnen und zum anderen erwartet man dies bereits zu Beginn, da unmöglich alles glattlaufen kann, will der
Film nicht Gefahr laufen, schlichtweg zu langweilen. Abwechslung wird auch kreiert, indem im angenehmen Wechsel über und unter der Erde erzählt wird.
Die Charaktere über der Erde fallen aber leider etwas flacher aus, als man das gerne gesehen hätte.
Das betrifft leider auch die Ehefrau, die sehr dünn gezeichnet ist und nur durch Bae Doo-na ("A Girl at my Door",
"As One") die Art von Dichte bekommt, dass man sich überhaupt für sie interessieren kann. Bae sorgt dankenswerterweise dafür, dass
das Bangen der Ehefrau um ihren Mann nicht bloß in unnötiges Tränenvergießen ausartet. Oh Dal-soo ("The Attorney") spielt
dagegen einen zuverlässigen Feuerwehrmann, der sich oft genug gegen die Medien und die Politiker stellen muss. Denn "Tunnel" schlägt auch sozialkritische
Töne an. Die Medien sorgen für das Interesse der Menschen an dem Verschütteten, doch mit ihrem nachlassenden Interesse verliert auch das Volk seines. Politiker
sind dagegen nur darauf bedacht, für das Volk gut dazustehen, auch wenn das bedeutet, dass sie den eigentlichen Rettungsarbeiten im Weg stehen. Schön ist
hier, dass die kritischen Untertöne subtil in den Rest der Geschichte eingewoben sind.
Star des Films ist aber natürlich Ha Jeong-woo ("The Handmaiden", "The Terror Live"), der seinen Szenen die nötige Intensität verleiht, sodass man bei seinem Überlebenskampf gebannt vor dem Bildschirm sitzt. Lob gebürt aber vor allem Regisseur Kim Seong-hoon, der bereits mit "A Hard Day" bewiesen hat, dass er zu den neuen Filmemachern Koreas gehört, deren Schaffen man weiter verfolgen sollte. Er hat ein Gespür für das richtige Tempo, die Sets sind sehr gut ausgearbeitet und er stellt seine (durchaus beeindruckenden) Spezialeffekte in den Dienst seiner Geschichte und nicht umgekehrt. Den ganzen Film zeichnet ein Fokus aus, den man heutzutage sonst leider vermisst. Sicher, gegen Ende gibt es etwas mehr Drama, Verzweiflung und unglaubwürdige Zufälle, aber "Tunnel" bleibt ein charakterzentrierter Katastrophenfilm, der das nötige Maß an Feingefühl besitzt, um die Spannung stets aufrecht zu halten.