Story: Kang-soo (Kim Nam-gil) ist ein Versicherungsdetektiv, der überprüft, ob die Forderungen von Versicherungsgeldern nicht lediglich
Betrugsversuche sind. Sein neuester Fall dreht sich um ein Unfallopfer, das im Koma liegt. Die Frau ist blind und wurde von einem Auto angefahren. Kang-soos
Chef will so schnell wie möglich einen Vergleich mit dem Vormund der Frau, deren Mutter sie als kleines Kind in einem Heim abgegeben hat. Daher besucht
Kang-soo sie im Krankenhaus. Dort wird er bald von der Frau Mi-so (Chun Woo-hee) nicht mehr in Ruhe gelassen. Zunächst will der Versicherungsdetektiv nicht
wahrhaben, dass nur er die Frau sehen kann, aber schon bald wird ihm klar, dass es sich bei ihr um so etwas wie einen Geist von der Frau handelt, die im Koma
liegt. Auch wenn Kang-soo nicht versteht, was vor sich geht, und Mi-so noch weniger, freunden die beiden sich langsam an. Kang-soo, der immer noch sehr unter
dem Tod seiner Frau leidet, findet wieder ein wenig Freude am Leben und zeigt Mi-so die Welt außerhalb der Krankenhausmauern, die sie nun das erste Mal mit
eigenen Augen sehen kann, da sie als Geist nicht mehr blind ist. Schließlich beschließt Kang-soo sogar, ihre Mutter ausfindig zu machen.
Kritik: Bei einem Drama wie "One Day" denkt man sofort zu wissen, wohin die Reise geht. Natürlich ein Krankenhausdrama, denn letztlich spielt
der Film an genau einem solchen Ort. Dann geht es auch noch um eine Person im Koma. Stellen wir uns also schon mal auf eine Menge Tränen ein. Allerdings
überrascht der Film dann wiederum. So fühlt er sich manchmal etwas Art-House-typisch. Das bedeutet, dass hier mehr Substanz vorzufinden ist in der Art, wie
Kang-soo mit seinem Leid umgeht, und dass auch mehr Tiefe erreicht wird. Überdies überzeugt das Schauspiel auf ganzer Linie. Letztendlich sieht der Film damit
wie ein gelungener Kompromiss zwischen Art-House-Kino und Taschentuch-Drama für die Massen aus. Natürlich wird man sich aber damit anfreunden müssen,
dass hier auch ein übernatürlicher Faktor eine tragende Rolle spielt.
Regisseur Lee Yoon-ki hat bereits mit "Ad Lib Night" sein Können im Art-House-Genre unter Beweis gestellt und mit
"My Dear Enemy" auch den Sprung ins Mainstream-Kino geschafft, auch wenn er seiner Handschrift treu geblieben ist: Das
Drama einzelner Individuen zu beleuchten und dabei auch nicht vor den komplexen Seiten zurückzuschrecken. In dieser Hinsicht enttäuscht auch "One Day"
nicht. Allerdings erkennt man auch, dass sich der Regisseur etwas mehr in eine Form zwängt, die von den meisten Taschentuchdramen aufgezwungen wird. Da
wäre zum Beispiel eine Pseudo-Wende und so etwas wie eine Auflösung gegen Ende mit Aha-Effekt. Das wäre eigentlich nicht nötig gewesen, aber an anderer
Stelle verzichtet der Filmemacher auf Klischees. So gibt es hier keine Liebesgeschichte, auch wenn man diese erwarten könnte.
Um genau zu sein, fühlt sich das Verhältnis zwischen den beiden Protagonisten aber genauso an. Das liegt jedoch daran, dass uns unsere Sehgewohnheiten sofort
daran denken lassen, hier ein zukünftiges Liebespaar vor uns zu haben. In Wirklichkeit funktioniert die Geschichte mindestens genauso gut, wenn nicht sogar
besser, indem Kang-soo und Mi-so einfach nur Freunde sind. Der Versicherungsdetektiv leidet am Tod seiner Frau und hat seinen Lebenswillen verloren. Echte
Freunde hat er nicht bzw. wir sehen sie nicht, weil er sich von allen distanziert. Da kommt Mi-so gerade Recht, die plötzlich etwas mehr Farbe und Elan in sein
Leben bringt. Auch wenn sie eben nicht wirklich am Leben ist. Es wirkt zwar etwas zu abgedroschen, wie Kang-soo eine Weile lang das Offensichtliche, wenn auch
Unmögliche, nicht akzeptieren kann, aber dann nimmt er es eben hin, einen Geist vor sich zu haben. Was bleibt ihm anderes übrig, denn Antworten, bekommt er
nicht darauf, was genau Mi-so ist.
Man sollte sich also nicht damit aufhalten, zu hinterfragen, wie "One Day" seinen übernatürlichen Aufhänger erklären will. Denn das wird er bis zum Ende nicht.
Wahrscheinlich ist das auch der geschickteste Weg. Allerdings kann wohl auch nur jemand so Außergewöhnliches wie Mi-so den Versicherungsdetektiv davon
abbringen, in eine noch tiefere Depression abzugleiten. Kim Nam-gil ("Pandora", "The Shameless")
liefert seine bis dato beste Darstellung ab und punktet vor allem mit seiner glaubwürdigen Darstellung von Emotionen, auch in den etwas subtileren Momenten.
Am Ende muss er außerdem eine schwierige Entscheidung treffen und hier überrascht Kang-soo und gibt einiges über seinen Charakter preis. Wenn wir im Finale
mehr über den Tod seiner Frau erfahren, können wir sein Verhalten auch erst richtig einordnen und es ist somit sogar lohnenswert, den Film ein zweites Mal zu
sehen.
Chun Woo-hee ("The Piper", "Thread of Lies") stellt ein lebensfreudiges Gegengewicht dar, bleibt aber dabei ebenfalls subtil und driftet nicht in das Klischee eines frechen Liebesinteresses ab. Es ist die Art, wie sich "One Day" an bekannten Genre-Konventionen entlanghangelt, ohne diese wirklich darzustellen, die positiv auffällt. Viele der Außenaufnahmen, beispielsweise in der Kleinstadt oder am Meer, erinnern tatsächlich eher an ein subtiles Drama, genauso wie der Soundtrack. Es sind diese Feinheiten, die dafür sorgen, dass wir nicht die Augen verdrehen müssen, wenn es zu den unweigerlichen Tränen kommt. Unter seiner vermeintlichen Taschentuch-Oberfläche verbirgt sich in "One Day" also ein gutes Charakter-Drama mit einer schönen Beziehung im Mittelpunkt, bei der es sich endlich mal nicht um Liebe handelt. Das wäre auch zu profan für einen Regisseur wie Lee Yoon-ki.