Story: Die kleine Eun-joo wird im Jahre 1978 vor einer Schule in Busan entführt. Ihr Vater (Song Yeong-chang) ist ein reicher Geschäftsmann
und wartet auf eine Lösegeldforderung. Diese kommt aber nicht. Nachdem die Polizei ihm und seiner Frau (Lee Jeong-eun) wenig Hoffnung macht, dass das kleine
Mädchen noch lebt, wird der Ermittler Gong (Kim Yoon-seok) von der Familie zum Fall geholt. Gong kennt die Tante Eun-joos und für ihn ist schnell klar, dass
der Entführer sein Opfer nicht gezielt ausgewählt hat. Der Polizist wird aber auch von der Familie um Hilfe gebeten, weil Eun-joos Mutter den Wahrsager
Kim Joong-san (Yoo Hae-jin) aufgesucht hat, der ihr mitgeteilt hat, dass aus schamanistischer Sicht nur Gong den Fall auf die Art lösen kann, die das Überleben
der Entführten garantiert. Gongs erste Schritte sind, den Fall nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen, damit sich der Enführer in Sicherheit wiegt und
ein Lösegeld verlangt. Als der Entführer sich dann genau an dem Tag bei der Familie meldet, den Kim Joong-san vorhergesagt hat, wird der Wahrsager verdächtigt.
Bald zeigt sich für Gong jedoch, dass dieser eine große Hilfe bei den Ermittlungen sein kann.
Kritik: Regisseur Kwak Gyeong-taek wird von den Kritikern hochgelobt, hat aber gerade auch beim "normalen" Publikum seit seinem
"Friend" viele Bewunderer. Auch wenn mir persönlich "A Love" wesentlich besser von ihm
gefallen hat, halte ich ihn für einen der eher überbewerteten Regisseure Koreas. Mit dieser Aussage mache ich mir vielleicht nicht viele Freunde, aber "The
Classified File" bestätigt dies einmal mehr. Der Film ist keineswegs als schlecht zu bezeichnen, kann aber nicht mehr als solide Genre-Kost liefern. Das mag
besonders verwundern, da tatsächlich unterschiedliche Elemente in dem Film vorzufinden sind, die ihn von einem typischen Neo-Noir-Streifen unterscheiden. Neben
den sozialkritischen Klängen fällt besonders das Augenmerk auf, das auf die Charaktergestaltung gelegt werden soll.
Die Ausarbeitung der Charaktere erweist sich allerdings als keineswegs so gelungen, wie es vom Regisseur intendiert war. Es ist von Anfang an offensichtlich,
dass im Fokus ein ungleiches Ermittlerduo steht, welches den Thriller aber nicht einfach in einen Buddie-Movie verwandeln soll. Das ist aber auch schlecht
möglich, da der Polizist und der Wahrsager oft unabhängig voneinander ermitteln. Das beraubt den Film einiger Möglichkeiten die Chemie zwischen den beiden
Protagonisten herauszuarbeiten. Weiterhin strebt Regisseur Kwak zwar an, seine Charaktere näher zu beleuchten, doch werden diese zu Gunsten der Geschichte
allzu oft zurückgestellt. Kim Yoon-seok ("Haemoo", "The Chaser") ist als Emittler zwar mit seiner
ehrlichen Art - obwohl auch er keine weiße Weste hat - charismatisch, es mangelt seiner Rolle aber an Ecken und Kanten.
Der Wahrsager wird von Yoo Hae-jin ("Desire to Kill, "Jeon Woochi") gespielt und
diesmal darf Yoo weitaus dezenter spielen als in seinen üblichen (Neben)Rollen. Yoo ist ein unterschätzter Darsteller, der dies hier erneut unter Beweis
stellt. Sein Wahrsager erweist sich als interessanteste Persönlichkeit im Film. Doch obwohl "The Classified File" Ambitionen aufweist, eine charakterzentrierte
Geschichte zu erzählen, verblassen die Ermittler vor dem Hintergrund des Entführungsfalls, der auf einer wahren Begebenheit beruht. Wie bereits in seinem
"Friend" kehrt der Regisseur in die Stadt Busan während der 70er Jahre zurück. Eine Zeit, in der die technischen Errungenschaften die Laufarbeit der Ermittler
noch nicht um ein Vielfaches vermindern konnten, und so gibt es hier viel klassische Ermittlungsarbeit. Allerdings ist das keineswegs ermüdend.
Als unnötig langatmig erweisen sich dagegen ein paar Szenen, in denen uns das Leid der Familie gezeigt wird. Das mag man damit entschuldigen, dass dem Regisseur
gerade dies wichtig gewesen sein mag, aber dafür sind die Eltern des entführten Mädchens nicht ausreichend ausgearbeitet. Einen leicht übernatürlichen
Anstrich bekommt der Thriller durch seinen Wahrsager, mit dem die schamanistischen Wurzeln der koreanischen Gesellschaft herausgestellt werden soll. Kwak
versucht irgendwie neutral zu bleiben, indem er einige der Wahrsagen zutreffen lässt und andere nicht, aber die Treffer reichen, um den Film irgendwie auch
zu einem Myster-Thriller zu machen. Der Ton des Films ist aber nicht immer einheitlich. Oft soll alles recht düster wirken, aber mit seinem Ende und einigen
anderen Szenen kommt Regisseur Kwak vom Weg ab. Das antiklimaktische Ende mit einem unnötig langen Epilog, der bewegend sein soll, stört sogar.
Außerdem ist es viel zu offensichtlich, dass Kwak uns Helden präsentieren will, die niemals das Lob bekommen, das ihnen gebührt. Die Kriminalgeschichte weist auch einige ungewöhnliche Wendungen auf, die irgendwie wenig ausgegoren scheinen, aber da der Film auf wahren Begebenheiten beruht, kann man hier kaum meckern. Der Umstand, dass es dem Thriller an Actionszenen mangelt und die Ermittlungen vom Drehbuch in die Länge gezogen werden, stört jedoch, wenn auch wie gesagt keine echte Langeweile aufkommt. Kwaks kristallklare Bilder lassen zwar nicht vermuten, dass man sich in den Siebzigern befindet, dafür lassen die Sets, Autos, die Mode etc. keinen Zweifel daran. Es zeugt aber von wenig Subtilität, dass Kwak augenscheinlich seine Liebe für Details unter Beweis stellen will, indem er beispielsweise übertrieben lange auf einem alten Filmplakat verweilt. In solchen Szenen zeigt sich, dass Kwak nicht der Meister ist, für den ihn viele halten. Ganz davon abgesehen, dass "The Classified File" mit seinen eher unspektakulären Charakteren - das ihnen innewohnende Potential wird nie ausgeschöpft - gerade mal solide Kost ist.