Story: Byeon Ho-seong (Lee Seon-gyoon) ist ein außergewöhnlich intelligenter Anwalt, der nach seinem großen Erfolg für ein Unternehmen, gegen
dessen Medikament geklagt wird, einen weiteren großen Fall übernehmen soll. Es handelt sich um einen Mordfall, bei dem die Leiche jedoch noch nicht gefunden
wurde. Der vermutliche Mörder Kim Jeong-hwan (Choi Jae-woong) beteuert seine Unschuld und am Tatort scheint seine Behauptung durch diverse undurchsichtige
Umstände gestützt zu werden. Als Byeon dann erfährt, dass Kim der Chauffeur von Moon Ji-hoon (Jang Hyeon-seong) ist, der Mann, dem das Unternehmen gehört, für das
er seinen letzten Fall gewonnen hat, wird der Druck auf Byeon größer. Die Anklägerin ist außerdem die talentierte Jin Seon-min (Kim Go-eun), die früher
mit Byeon zusammengearbeitet hat und wegen ihrer persönlichen Vergangenheit nicht gut auf Byeon zu sprechen ist. Byeon ist es jedoch gewohnt zu gewinnen
und auch in diesem Fall scheint er die besseren Karten zu haben. Bis Kim plötzlich vor Gericht den Mord gesteht. Für Byeon ergibt das Geständnis aber keinen
Sinn. Bei weiteren Nachforschungen deckt er schließlich eine Verschwörung auf...
Kritik: Der englische Titel mit dazugehörigem Untertitel lässt bei diesem Gerichtssaaldrama-trifft-Ermittlungskomödie bereits sehr früh
erkennen, dass dies keine Big-Budget-Produktion ist. Stattdessen glaubt man, die Pilotfolge einer Serie präsentiert zu bekommen. Der Anspann
unterstreicht diesen Eindruck einmal mehr. Der Rest des Films unterhält auf angenehme Weise, kann sich aber niemals über Durchschnitt erheben. Das liegt
wohl auch daran, dass der Regisseur keine großen Risiken eingeht. Die Geschichte hangelt sich an Altbewährtem entlang, sodass selbst die Wendungen bereits
vorhersehbar sind, und die Regie ist ebenfalls lediglich nett. Mit allen Konnotationen, die dieses Wort begleiten. Das bedeutet, dass "The Advocate" nicht aus
dem Schatten unzähliger ähnlicher Filme heraustreten kann und in der Erinnerung des Zuschauers bald nur noch ein blasser Umriss ist.
Unglücklich ist außerdem der Genre-Mix, den uns Regisseur Heo Jong-ho ("Countdown") hier abliefert. Den größten Teil der ersten
Hälfte handelt es sich um ein Gerichtsdrama, an den sich ein Ermittlungsfall anschließt. Danach folgt ein Thriller, der mit unzähligen Wendungen gespickt
ist. Zudem wird stets auch etwas Humor eingestreut. Das Problem ist dabei gar nicht mal, dass sich der Film durch verschiedene Schwerpunkte auseinandergerissen
anfühlt. Tatsächlich passt doch irgendwie alles zusammen. Vielmehr hat man unentwegt den Eindruck, als hätte sich Regisseur Heo an erfolgreichen Vorlagen bedient
und möchte so auf der sicheren Seite bleiben. Hier ein wenig "Chronicles of Evil" und dort noch etwas von
"Unbowed", garniert mit einer Verschwörung wie in beispielsweise "Tabloid Truth". Wenn man dann noch
bedenkt, dass sich diese Filme ebenso bereits an anderen orientiert haben...
Es sollte also offensichtlich sein, dass Zuschauer, die schon seit ein paar Jahren das koreanische Kino verfolgen, kaum etwas Neues bekommen. Doch ist
das mittlerweile das grundlegende Problem mit koreanischen Produktionen. Es gibt einfach zu viele Kopien und wiederaufgewärmte Geschichten. Eigentlich kann
man daher nur noch auf interessante Charaktere und eine gute Chemie zwischen diesen hoffen. Aber auch in dieser Hinsicht gibt es in "The Advocate"
nichts Außergewöhnliches. Lee Seon-gyoon ("A Hard Day", "Helpless") gibt sich sichtlich Mühe, eine
Form des arroganten Sherlock Holmes abzuliefern, doch sein Sidekick, gespielt von Im Won-hee ("Le Grand Chef"), wird sträflichst
vernachlässigt, sodass kein besonderer Rhythmus zwischen dem Ermittler und seinen Kollegen zustande kommt. Weiterhin fehlt es dem Protagonisten einfach an
Ecken und Kanten.
Ein großes Fragezeichen kommt auch auf, wenn Kim Go-eun ("Coin Locker Girl", "A Muse") auf dem
Bildschirm erscheint. Sie erfüllt keinen wirklichen Zweck und ihre angedeutete romantische Vergangenheit mit Byeon ist lachhaft. Es gibt nicht eine einzige
interessante Szene zwischen den beiden. Auch der Bösewicht lässt Farbe vermissen. Immerhin ist das Tempo hoch und die Ermittlungen gehen stets voran. Leider
sind nur sogar die Wendungen im Film völlig offensichtlich. Man kommt zwar kurzzeitig ins Grübeln darüber, was wohl einen Menschen wie Byeon Ho-seong
antreibt, aber die Dinge, die wir ihn augenscheinlich machen sehen, können wir dann trotzdem nicht glauben, und warten nur auf die Auflösung am Ende, die
uns in Rückblenden Bild für Bild das erklärt, was wir schon vermutet haben.
Wenn man das so liest, könnte man meinen, dass "The Advocate" langweilig ist. Dem ist aber nicht so. Zu solide wird die Geschichte erzählt und präsentiert. Allerdings mangelt es an Innovation und so glaubt man häufig, lediglich eine TV-Produktion vor sich zu haben. Der Streifen hätte enorm davon profitiert, wären die Charaktere besser ausgestaltet worden. Und nicht jede Rolle scheint optimal besetzt. Wer nach Unterhaltung sucht, wird nicht enttäuscht werden, aber man kann nicht erwarten, andere Werke zu kopieren bzw. Versatzstücke neu zusammenzusetzen, und damit dann ein Publikum begeistern zu können. Der leichte Ton gegen Ende beweist einmal mehr, dass "The Advocate" keine großen Ziele hat. Das koreanische Kino sollte in Zukunft aber wieder etwas mehr Experimentierfreudigkeit an den Tag legen.